August 2020
Das waren noch Zeiten, als Rechnungen von Hand geschrieben wurden! Diese habe ich in der immerhin 202 Seiten umfassenden Sachakte des Stadtarchivs Ludwigshafen gefunden, die ich gesichtet habe für einen Beitrag in den "Mannheimer Geschichtsblättern" über den Aufenthalt der Propagandaflotte in den beiden am Rhein sich gegenüberliegenden Industrie-metropolen Mannheim undLudwigshafen.
Da fällt schon der Aktendeckel auf. Ihn verzierte der Bearbeiter wohl in seinem nationalen Überschwang mit der Reichsflagge "Schwarz-weiß-rot" (oben rechts). Darin akribisch abgeheftet hat er u. a. die ganzen Abrechnungen für die ausgerichteten Feierlichkeiten. So wissen wir noch 120 Jahre danach, was allein das "Festdiner" für 46 Personen (darunter vier "Reporter") gekostet hat: 994,85 Mark. Das entsprach damals etwa dem Jahres-Lohn eines Hafen- oder Industriearbeiters. Erstaunlich, was die honorigen Herren so, sprechen wir es offen aus, weggesoffen haben: Insgesamt 112 Flaschen Wein, 31 Flaschen Champagner der Marke Moet & Chandon und 26 Flaschen Wasser!
Tausende von Beschäftigten der BASF standen damals am Rheinufer und bejubelten die "Schwarzen Gesellen" (Torpedoboote) bei der Vorbeifahrt. Und die Sozialdemokraten im Stadtrat bewilligten die Kredite zur Finanzierung der ganzen Propagafeierlichkeiten, was man dann im Reichstag genüsslich dem Flottengegner und Vorsitzenden der SPD, August Bebel, unter die Nase rieb.